Quasikontinuierliche Entfernungsmessung bei Luftkissenfahrbahnen mit Hilfe einer Leuchtdiode

© 1998 by Knut Grahlmann und Christian Riechert

(Dies ist die Beschreibung eines Projektes, mit dem Christian Riechert und ich am Regional- und Landeswettbewerb Jugend forscht 1998 teilgenommen haben.)

Inhaltsverzeichnis

1  Einleitung
2  Ist-Zustand
3  Die Idee
4  Die ersten Schritte
5  Von weiß zu infrarot
6  Aufbau unserer Meßapparaturen
6.1  Der Versuchswagen
6.2  Der Empfänger
7  Auswertung
8  Schlußwort
9  Danksagung

1  Einleitung

Im Physikunterricht machten wir Anfang dieses Schuljahres als kleinen Exkurs Versuche auf der Luftkissenfahrbahn. So untersuchten wir z.B. das Verhalten eines Wagen beim Aufprall auf ein straff gespanntes, also federndes, Gummiband. Nach dem Energieerhaltungssatz müßte die Geschwindigkeit vor und nach dem Aufprall exakt gleich sein. Nur wie soll diese Tatsache bewiesen werden?
Auf diesen Mißstand wies uns unser Lehrer hin, denn es gibt auf dem Markt, dem Wissen der Schule nach, kein System zur quasikontinuierlichen Messung der Position des Wagens auf der Bahn und des Verhaltens bei schnellen Fahrversuchen (z.B. bei Zusammenstößen).

2   Ist-Zustand

Für einfache/langsame Meßvorgänge sind an unserer Schule zwei Systeme im Einsatz; eine Lichtschranke und ein "Ultraschallentfernungsmesser". Das Messen mit der Lichtschranke ist sehr umständlich. Die Messungen erfolgen entweder per Hand oder per automatisch ausgelöstem Zeitzähler. Außerdem erhält man bei jedem Versuch nur ein Wertepaar, was die Auswertung sehr zeitaufwendig macht. Zur Streckenvariation muß die Lichtschranke jeweils umgestellt werden.
Dann entwickelte ein Lehrer einen "Entfernungsmesser", der mit Ultraschall arbeitet. Dieser ist zwar bequem zu handhaben, aber es sind nur etwa fünf Messungen pro Sekunde möglich. Diese Auflösung ist für schnelle Vorgänge nicht genau genug.
So eignen sich beide Methoden kaum zur Aufzeichnung der Vorgänge bei komplexen Bewegungsabläufen. Daher benötigt unsere Schule ein System, mit dem sich diese Vorgänge einfach und dennoch hinreichend genau messen lassen. Obwohl wir mit der genannten Problematik erst wieder in der gymnasialen Oberstufe konfrontiert werden, beschäftigte sie uns.

3   Die Idee

Nach einigem Nachdenken kamen wir auf folgenden Lösungsansatz: Ausgehend von der Tatsache, daß die Intensität einer Lichtquelle mit der Entfernung abnimmt, wird auf dem Wagen eine Leuchtdiode befestigt. Am Ende der "Fahrbahn" wird eine Fotodiode positioniert und auf die Lichtquelle ausgerichtet. Diese gibt eine von der Intensität abhängige Spannung ab. Nun müßte es möglich sein (mit entsprechender Kalibrierung), aus den gemessenen Spannungswerten auf die Entfernung zurückzuschließen und so auch komplexe/schnelle Bewegungsvorgänge des Wagens zu erfassen.

4   Die ersten Schritte

Zunächst prüften wir, wie die Intensität des Lichtes von der Entfernung abhängt. Dazu nahmen wir eine Glühlampe und eine einfache Fotodiode. Wir fanden heraus, daß selbst minimale Änderungen der Helligkeit (z.B. durch plötzlichen Sonnenschein) die Meßwerte stark verfälschten. So schied zwar diese Art der Messung aus, aber die Idee schien erfolgversprechend.

5  Von weiß zu infrarot

Nun suchten wir nach einer besseren Möglichkeit, die Entfernung zu messen. Beim Blättern in einem Elektronikkatalog fielen uns Infrarot-Leuchtdioden (LED) und entsprechende Fotodioden ins Auge. Nachdem wir diese besorgt hatten, führten wir mit ihnen den Grundversuch durch. Und wir hatten Glück. Denn mit diesen LED's funktionierte unser System zuverlässig, die gemessenen Werte blieben auch bei Helligkeitsänderungen der Umgebung fast konstant.

6   Aufbau unserer Meßapparaturen

6.1   Der Versuchswagen

Wie beschrieben, muß auf dem Versuchswagen eine Lichtquelle gebaut werden. Dabei war für uns das wesentliche Ziel, daß dieser auf keinen Fall verändert werden durfte, weil sonst die Anwendung nur auf diesen einen Wagen beschränkt wäre. So bauten wir verschiedene Kästen, die immer weiter verfeinert wurden.
Zuerst war es nur ein einfacher Kasten, der nichts weiter als zwei 1,2 Volt Akkus enthielt. Die LED wurde über zwei "Bananenbuchsen" mit der Stromquelle verbunden. Um die Akkus zu schonen, mußten wir die LED immer wieder abziehen. Da wir dies öfter vergaßen und die Akkus schnell leer waren, bauten wir einen zweiten Wagenaufsatz, welcher nicht nur einen Schalter, sondern auch Elektronik enthielt.
Um eine konstante Helligkeit der LED zu gewährleisten, bauten wir einen Stabilisator ein, welcher die LED mit konstanten Strom versorgt. Die Anzahl der Akkus erhöhten wir auf vier. Dieses zusätzliche Gewicht brachte aber auch große Schwierigkeiten mit sich. Wegen der Konstruktion des Kastens (siehe Abbildung 1) lag der Schwerpunkt sehr hoch und der Wagen wackelte auf der Fahrbahn.
Abbildung 1: Handskizze des zweiten Wagens

Das führte dazu, daß unsere Meßkurven große Schwankungen enthielten (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2: Die Vibration des Wagens ist deutlich erkennbar.

Also mußte der Schwerpunkt nach unten verschoben und damit der dritte Kasten konstruiert werden. Dieser ist "U-förmig" konstruiert und die Batterien liegen nun in den "Seitentaschen", was den Schwerpunkt senkte (siehe Abbildung 3). Die Elektronik übernahmen wir komplett aus dem zweiten Wagenaufsatz.

Abbildung 3: Handskizze des dritten, nun verwendeten, Wagenaufsatzes

Die jetzt eingesetzte LED ist erst im Dezember 1997 auf den Markt gekommen. Sie ist außerordentlich leuchtstark; während normale LED's bei 20 mW/sr liegen, liefert sie ca. 100 mW/sr. So konnten wir die Zuverlässigkeit unseres Systems erhöhen.

6.2   Empfänger

Um den Meßvorgang möglichst unabhängig von der Umgebungshelligkeit zu machen, konstruierten wir ein kleines Gehäuse, in das nur durch einen Infrarot-Filter Licht gelangt. In das Gehäuse bauten wir eine sehr empfindliche Fotodiode mit einem integrierten Verstärker ein.
Das analoge Signal der Fotodiode muß für die Auswertung, die per PC erfolgt, in ein digitales umgewandelt werden. Unser A/D-Wandler ist ein 8-Kanal/12-Bit-Datenerfassungssystem (Fertigbausatz der Firma Conrad). Die Ausgabe erfolgt über eine serielle Schnittstelle. Von den acht uns zur Verfügung stehen Kanälen nutzen wir nur zwei, einen für die Messung und einen für den Trigger (Lichtschranke zur Auslösung der Messung). Unser Erfassungssystem erlaubt ca. 300 Messungen pro Sekunde.

7   Auswertung

Das von uns entwickelte Computerprogramm beschränkt sich bewußt darauf, nur die Rohdaten zu kalibrieren und zu speichern. So kann es auch auf alten Rechnern (bis zum 286 hinab) problemlos eingesetzt werden. Dies ist ein wichtiger Aspekt, weil so die in Schulen nicht mehr benötigten alten Rechner doch noch weiter verwendet werden können. Zum anderen kann so die Auswertung auch durch die Schüler, auch plattformübergreifend, zu Hause (z.B. mit Microsoft® Excel) vorgenommen werden. Das Programm schreibt die Meßwerte in eine einfache Textdatei. Nachdem diese Datei in Excel eingelesen wurde, läßt sich eine Übersichtsgrafik erstellen. Im folgenden Beispiel wurde der bereits oben erwähnte Aufprall auf ein Gummiband aufgezeichnet (Abbildung 4).
Abbildung 4

Eigentlich sieht man mit bloßem Auge, daß die beiden Steigungen nahezu identisch sind, aber das reicht als Beweis nicht aus. Also müssen sie bestimmt werden. Dafür schneidet man jeweils den entsprechenden Kurvenausschnitt aus und fügt eine sogenannte "Trendlinie" ein. Das sieht dann so aus:

Abbildung 5

Abbildung 6

So läßt sich dann ablesen, daß die Geschwindigkeit vor dem Stoß 0,5 m/sec und danach ebenfalls 0,5 cm/sec betrug; der Versuch ist geglückt.

8   Schlußwort

Unser Ziel, ein einfach zu handhabendes, aber dennoch hinreichend genau messendes System zu entwickeln, haben wir erfüllt. Zwar wird für sehr anspruchsvolle Versuche unsere Meßauflösung wahrscheinlich nicht ausreichen. Dieser Umstand könnte durch verbesserte "Auswertungshardware", z.B. durch eine (teure) interne ISA-Karte, beseitigt werden. Dadurch würden aber gewisse Probleme entstehen, z.B. müßte die gesamte Software neu geschrieben werden und die alten Rechner könnten auch nicht mehr eingesetzt werden. In Spezialfällen mag dies sinnvoll sein, aber für den Alltag des Physikunterrichtes reicht unser System vollkommen aus.

9   Danksagung

Unser Dank gilt unseren Familien, die uns bei dieser Arbeit unterstützten, sei es durch Fahrdienste, Korrekturlesen oder Werkzeug. Außerdem danken wir unserem Physiklehrer Herrn Thiele, der uns immer mit Rat und Tat zur Seite stand.